Alles, was Sie bei einer drohenden betriebsbedingten Kündigung wissen müssen. 12 wichtige Informationen zur betriebsbedingte Kündigung
Wann kann ein Arbeitgeber Ihnen ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen? ✅ Alle Informationen finden Sie hier.
Übersicht des Artikels
- Wann darf ein Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen?
- Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?
- Es darf keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit geben
- Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchführen
- Wie sieht eine Sozialauswahl aus?
- Darf der Arbeitgeber ältere Menschen bei der Sozialauswahl bevorzugt kündigen?
- Was ist mit mit Mitarbeitern, für die ein besonderen Kündigungsschutz gilt?
- Welche Kündigungsfristen gibt es bei einer betriebsbedingten Kündigung?
- Gibt es eine fristlose betriebsbedingte Kündigung?
- Soll ich einen Aufhebungsvertrag statt einer betriebsbedingten Kündigung unterzeichnen?
- Bekomme ich automatisch eine Abfindung?
- Muss ich Renten-, Kranken-, Pflege-, oder Arbeitslosenversicherung auf die Abfindung zahlen?
- Wie wehre ich mich gegen eine betriebsbedingte Kündigung
Über 70% aller arbeitgeberseitigen Kündigung erfolgen aus betrieblichen Gründen. Denn eine betriebsbedingte Kündigung ist für den Arbeitgeber leichter durchzuführen als z.B. eine verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigung. Gerade wenn Sie eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben, sollten Sie die Voraussetzungen und Rechte genau kennen.
Erfahrungsgemäß erzielen 80% aller Arbeitnehmer bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung.
Wann darf ein Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen?
Wenn ein Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen nicht in der Lage ist, einen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, darf er diesen betriebsbedingte kündigen. Wichtig: Das Unternehmen muss mindestens 10 Mitarbeiter beschäftigen und Sie müssen mindestens 6 Monate im Unternehmen beschäftigt sein, sonst findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung.
Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?
Der Arbeitgeber braucht für eine betriebsbedingte Kündigung inner- oder außenbetriebliche Gründe.
Es ist niemals die finanzielle Situation oder die Liquidität des Unternehmens entscheidend, sondern nur, ob ein Beschäftigungsbedarf besteht oder nicht.
Innerbetriebliche Gründe
- Schließung von Abteilungen oder Standorten
- Rationalisierungsmaßnahmen jeder Art
- Einschränkungen der Produktion
Außenbetriebliche Gründe
- Auftragsmangel
- Umsatzrückgang
In beiden Fällen muss der Arbeitgeber darlegen, inwieweit sich diese Umstände auf den Beschäftigungsbedarf auswirken
Der Arbeitgeber muss dies im Arbeitsgerichtsprozess darlegen, wie seine Entscheidung konkret zum dauerhaften Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes geführt hat. Dies gelingt den Arbeitgebern häufig nicht. So sind z.B. bloße Hinweise auf auslaufende Aufträge und das Fehlen von Anschlussaufträgen regelmäßig nicht ausreichend, um einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss vielmehr anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur die Auftragslage – kurzfristig – schwankt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist (BAG, Urteil vom 23. Februar 2012, Az. 2 AZR 548/10).
Es darf keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit geben
Die betriebsbedingte Kündigung ist nur zulässig, wenn die Weiterbeschäftigung des entsprechenden Arbeitnehmers unmöglich ist. Es darf also keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung bestehen.
Kriterium ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auch auf einem anderen Arbeitsplatz weitergeschäftigen kann.
Es ist also erforderlich, dass der Arbeitgeber versucht, den Arbeitnehmer zu versetzen oder eine Änderungskündigung auszusprechen.
Beachten Sie: Bei dieser Prüfung muss der Arbeitgeber immer auch in anderen Betrieben prüfen. Nicht zu berücksichtigen sind andere Unternehmen eines Konzerns (also z.B. eine andere GmbH).
Hierbei hat das Unternehmen auch zu berücksichtigen, ob Sie mit einer Weiterbeschäftigung unter geänderten Arbeitsbedingungen einverstanden wären.
Auch kommt eine Weiterbeschäftigung nach einer zumutbareren Umschulung und Fortbildung in Betracht (BAG, Urteil vom 29. August 2013, Az. 2 AZR 721/12)
Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchführen
Eine Kündigung ist unter sozialen Gesichtspunkten zu betrachten. Hierbei ist der gesamte Betrieb zu betrachten.
Wie sieht eine Sozialauswahl aus?
Eine Sozialauswahl muss immer folgende Punkte berücksichtigen:
- Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer
- Auswahlentscheidung (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderungen)
Die in § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG festgelegten Kriterien sind grundsätzlich gleichrangig
Sie können sich als gekündigter Arbeitnehmer die Gründe und Auswahlkriterien darlegen lassen (§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG)
- Herausnahme einzelner Mitarbeiter
Es besteht die Möglichkeit, einzelne Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl herauszunehmen.
So kann der Arbeitgeber bei der Auswahl Arbeitnehmer herausnehmen, deren Weiterbeschäftigung „im berechtigten betrieblichen Interesse“ liegt (sog. Leistungsträgerklausel, § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG).
Darf der Arbeitgeber ältere Menschen bei der Sozialauswahl bevorzugt kündigen?
Hätte der Arbeitgeber ausschließlich die Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer als Auswahlkriterium zur Auswahl, so würden regelmäßig ältere Arbeitnehmer im Unternehmen verbleiben und sich das Durchschnittsalter im Unternehmen erhöhen. Insoweit ist anerkannt, dass der Arbeitgeber gewisse Altersgruppen bildet, um zu verhindern, dass immer die jüngeren Arbeitnehmer gekündigt werden. Hinweis: Hierbei muss der Arbeitgeber aber etwa gleichmäßig viele Arbeitnehmer aus den jeweiligen Altersklassen entlassen (BAG, Urteil vom 26. März 2015, Az. 2 AZR 478/13).
Was ist mit mit Mitarbeitern, für die ein besonderen Kündigungsschutz gilt?
Für alle Arbeitnehmer, die einen besonderen Kündigungsschutz genießen, können faktisch nicht gekündigt werden. Hierzu zählen:
- Schwerbehinderte Mitarbeiter
- Schwangere und Frauen im Mutterschutz
- Betriebs- bzw. Personalräte
- Unkündbare Mitarbeiter (z.B. im Tarifvertrag geregelt).
- Personen in Elternzeit (bereits ab Einreichung des Elternzeit-Antrags!)
Welche Kündigungsfristen gibt es bei einer betriebsbedingten Kündigung?
Es sind auch bei einer betriebsbedingten Kündigung die Kündigungsfristen einer ordentlichen Kündigung zu berücksichtigen. So besteht beispielsweise in den ersten zwei Jahren eine Kündigungsfrist von vier Wochen jeweils zum 15. eines Monats oder zum Monatsende.
Gibt es eine fristlose betriebsbedingte Kündigung?
Eine fristlose betriebsbedingte Kündigung ist nicht möglich. Der Arbeitgeber hat aber das Recht, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen. Hierbei hat der Arbeitnehmer aber weiterhin seinen Anspruch auf Gehalt, Urlaubstage und sonstige betriebliche Leistungen, welche sich aus dem Arbeitsvertrag oder dem Tarifvertrag ergeben.
Nur in Ausnahmefällen ist eine betriebsbedingte Kündigung in Form einer fristlosen Kündigung denkbar. Nämlich dann, wenn die Weiterbeschäftigung von unkündbaren Mitarbeitern für den Arbeitgeber unzumutbar wäre, da für jene keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht, aber das Arbeitsverhältnis noch über Jahre aufrecht erhalten werden müsste., obwohl keine Gegenleistung (hier die Arbeitsleistung) mehr erbracht wird. In derartigen Fallgestaltungen ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, eine Auslauffrist aus sozialen Gründen zu gewähren.
Soll ich einen Aufhebungsvertrag statt einer betriebsbedingten Kündigung unterzeichnen?
Sind Sie in die Situation gekommen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen einen Aufhebungsvertrag mit dem Hinweis, dass er andernfalls betriebsbedingt kündigt, angeboten hat?
Diese Fälle können zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III führen, da Sie an dem Wegfall des Arbeitsplatzes mitgewirkt haben. Hierbei gibt es bestimmte Konstellationen, in denen keine Gefahr einer Sperrzeit besteht. Wir haben alle Fälle in unserem Artikel über Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld aufgezeigt.
Bekomme ich automatisch eine Abfindung?
Das Gesetz sieht in § 1a KSchG eine Abfindung unter folgenden Voraussetzungen vor:
- Hinweis im Kündigungsschreiben
- Absehen von einer Kündigungsschutzklage
- Bereitschaft des Arbeitgebers eine Kündigung zu zahlen
Der Gesetzgeber sieht hierbei für jedes Beschäftigungsjahr gemäß § 1a KSchG ein halbes Brutto-Monatsgehalt vor.
Der Monatsverdienst entspricht dem Bruttoentgelt des Arbeitnehmers, das ihm im letzten Monat vor der Kündigung zusteht. Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Zeitzuschläge, die für einen längeren Zeitraum geleistet werden, müssen anteilig berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 19. Juni 2007, Az. 1 AZR 340/06).
Muss ich Renten-, Kranken-, Pflege-, oder Arbeitslosenversicherung auf die Abfindung zahlen?
Nein, denn die Abfindung ist kein Arbeitsentgelt, sondern eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß § 14 SGB IV.
Wie wehre ich mich gegen eine betriebsbedingte Kündigung
Sie müssen Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Ausspruch der Kündigung erheben. Dies können Sie entweder selbst durchführen oder einen Rechtsanwalt beauftragen.
Bitte vergessen Sie die Frist von 3 Wochen nicht. Die Kündigung gilt sonst als wirksam!
Faustregel: Hat der Arbeitgeber keine Abfindung angeboten, sollten Sie sich gegen die Kündigung wehren.
Bitte berücksichtigen Sie folgendes: beim Arbeitsgerichtsprozess trägt in der ersten Instanz jede Partei seine Kosten selbst. Normalerweise trägt die unterliegende Partei sämtliche Kosten des Rechtsstreits.